“Das Schlimmste”: Jogi Löw zeigt sich in ARD-Doku tief bewegt über Paris-Terror 2015

So hat Schweinsteiger die Explosionen von Paris 2015 erlebt
“Du bereitest dich da vor auf ein Top-Spiel und am Ende war das der schwarzeste Tag eigentlich”, sagt Bastian Schweinsteiger, der zu dem Zeitpunkt der Partie im November 2015 der Kapitän der DFB-Elf ist. Doch schon am Morgen vor dem Spiel der erste Schock: Die ARD zeigt die Aufnahmen, wie die Stars der deutschen Nationalmannschaft über eine Bombendrohung in ihrem Hotel informiert werden.
“Keiner wusste in dem Moment so richtig, was passiert jetzt. Natürlich war das schon auch mal so ein Anflug von Angst”, berichtet Jogi Löw, der damals die geplante Vorbereitung auf das Spiel abbrechen muss, damit das Hotel evakuiert werden kann. Doch nicht alle nehmen die Gefahr wirklich ernst, wie sich Christoph Kramer erinnert: “Ich habe mir dann halt gedacht: Wenn du wieder zurück ins Hotel darfst als deutsche Nationalmannschaft und das Spiel stattfindet, dann ist aber alles mal ganz, ganz sicher.”
Am Abend dann nach rund 16 Minuten im Spiel zwischen Deutschland und Frankreich plötzlich der erste Knall. Die Explosion ist auch laut im Stadion zu hören und Ex-Nationalspieler André Schürrle, der zu dem Zeitpunkt auf der Ersatzbank sitzt, erzählt in dem ARD-Film: “Man nimmt einmal tief Luft, als hätte man auch so eine Druckwelle gespürt so leicht. Aber man macht sich keine Gedanken, dass das eine Bombe sein könnte.” Drei Minuten später folgt ein weiterer Knall. Sofort habe sich Bastian Schweinsteiger nach Bengalos umgeschaut – doch nichts sei zu sehen gewesen, das Geräusch war ein anderes: “Das hat sich irgendwie total komisch angefühlt”, berichtet der ehemalige DFB-Star.
Darum wurden die Spieler in der Halbzeit nicht informiert
Die Halbzeit wird zu Ende gespielt, Frankreich geht kurz vor dem Pausenpfiff mit 1:0 in Führung, da wird auch im Stadion allmählich klar, dass es sich bei den Explosionen um einen Anschlag gehandelt hat. Drei Selbstmordattentäter hatten sich unmittelbar vor dem Stade de France in die Luft gesprengt, nachdem sie zuvor erfolglos versucht hatten, in das Stadion zu gelangen. Zeitgleich kam es an drei anderen Orten in Paris zu Schießereien.
Die zweite Halbzeit wird dennoch angepfiffen, die Spieler wissen von nichts. Oliver Bierhoff erklärt: “Man hätte den Spielern nicht geholfen, wenn man ihnen Halb-Informationen in zwei Minuten irgendwie in der Kabine gegeben hätte. Man hatte noch nicht diese tiefen Informationen, was auch in Paris alles passiert ist. Insofern war man sich da relativ schnell einig: Lasst uns die zweite Halbzeit spielen, wir holen die Informationen weiter während des Spieles und dann informieren wir die Spieler danach.”
“Bestien”: DFB-Star wird in ARD-Doku über die Anschläge von Paris deutlich
Die Partie endet mit einem 2:0-Sieg für Frankreich. Nach Abpfiff werden die Spieler sofort aufgefordert, in die Kabine zu gehen. Auf einem Fernseher in den Katakomben sehen sie erstmals, was geschehen ist. “Du wusstest ja noch nicht die Hintergründe des Attentats, aber du hast halt von toten Menschen gehört und bist dann in so einer Schockstarre”, verrät Bastian Schweinsteiger über die Reaktionen damals. Als Oliver Bierhoff in der Kabine weitere Informationen mitteilt, kommt bei den Spielern immer mehr Unruhe auf. Viele sorgen sich auch über ihre Angehörigen im Stadion.
“Keiner wusste, wie kommen wir eigentlich hier raus. Sind wir in Sicherheit? Sind wir in Gefahr?”, nennt Kevin Trapp die Gedanken in diesem Moment. Jogi Löw wird emotional: “Das war natürlich eine schreckliche Situation. Das ist für einen Menschen wahrscheinlich das Schlimmste, was er auch erleben kann: wenn er Angst um sein Leben hat.” Die DFB-Akteure müssen die Nacht auf Matratzen in den Katakomben verbringen. Viele können nicht schlafen, andere sind so müde, dass es gar nicht anders geht, erinnert sich Kevin Trapp: “Das hatte schon echt ganz komische Vibes in diesem Stadion.”
“Die ein oder anderen hatten Tränen in den Augen”, berichtet Bastian Schweinsteiger von der Stimmung in der Kabine. Auch Kevin Trapp beschreibt die Situation und wird bezüglich der Terroristen deutlich: “Ich habe das Gefühl, ich bin im Krieg. Draußen sind Menschen mit … Menschen … Bestien rumgelaufen mit Maschinengewehren, die wild auf unschuldige Menschen herumgeschossen haben und nicht nur wenige Menschen, sondern Hunderte von Menschen getötet haben in einem richtigen Massaker. Also das kann man einfach nicht beschreiben, was das für ein Gefühl ist.”
Aufgrund des Sicherheitsrisikos dürfen die Spieler nicht ins Hotel zurück, stattdessen geht es über den Flughafen wieder nach Deutschland. Während der Fahrt sind die Spieler angespannt. Kevin Trapp hat zehn Jahre später noch immer Flashbacks, wie er in der ARD-Doku sagt: “Man hat sich gefühlt so ein bisschen wie auf der Flucht tatsächlich.”
ARD ändert ihr Programm – und schmeißt “Tagesschau” bis 11. Dezember raus.




