Trends-US

Alice Weidel und die braune Soße – ein Kommentar

Einst wollte Alice Weidel den AfD-Ultra Björn Höcke wegen dessen unsäglicher Einlassung zum Holocaust-Mahnmal aus der Partei ausschließen. Das ist mehr als acht Jahre her.

Heute umarmt die AfD-Spitzenfrau denselben Höcke, dessen zweifache Verurteilung wegen der Verwendung der SA-Parole „Alles für Deutschland“ der Bundesgerichtshof (BGH) erst im September bestätigt hat.

Doch das bürgerliche Aushängeschild der AfD umarmt politisch inzwischen auch den rechtsradikalen Höcke-Anhang. Wie Kevin Dorow, der vor einer Woche mit fast 89 Prozent in den Bundesvorstand der „Generation Deutschland“ gewählt wurde, nachdem er vor den Delegierten ausgerechnet den zentralen Slogan der Hitler-Jugend zum „Leitstern“ der neuen AfD-Jugend ausgerufen hatte.

Aber anstatt ein Parteiausschluss-Verfahren gegen die Schwurbler in den eigenen Reihen einzuleiten oder zumindest eine Entschuldigung von ihnen zu verlangen, brachte Weidel am Donnerstag im Interview mit WELT-TV mehrfach selbst die verbotene SA-Losung über die Lippen. Garniert mit dem Hinweis, sie verstehe die Aufregung darüber nicht! CDU-General Carsten Linnemann nennt das zu Recht „unerträglich“ und wirft der AfD unter Weidel und Chrupalla einen Radikalisierungskurs vor. Mehr noch: Aus Linnemanns Sicht entwickelt sich Weidel selbst inzwischen „zum rechtsextremen Verdachtsfall“.

Offenkundig befürchtet Alice Weidel, sich nicht an der Partei- und Fraktionsspitze halten zu können, wenn sie sich mit den radikalen Kräften in ihrer Partei nicht verbündet. Den politischen Mut, den sie gerne von anderen, bevorzugt aber von der Union verlangt, den hat sie selbst nicht, wenn es darauf ankommt.

Alice Weidel ist nicht die deutsche Giorgia Meloni

Alice Weidel ist definitiv keine deutsche Ausgabe von Giorgia Meloni (48), die ihre radikale Partei „Fratelli d’Italia“ auf einen rechtskonservativen und damit auf einen koalitions- und bündnisfähigen Kurs getrimmt hat. Sie und ihr Kollege Chrupalla führen die aktuell zweitstärkste Bundestagspartei in ein gesellschaftspolitisches Nirwana: Keine andere Partei, keine Gewerkschaft, kein großer Arbeitgeberverband, keine Kirche will mit der AfD etwas zu tun haben.

Früher wollte Alice Weidel den Rechtsaußen Höcke noch aus der Partei werfen. Heute umarmt sie ihn

Foto: Christian Knieps

Die offenkundig unaufhaltsame Radikalisierung der AfD ist die tiefere Ursache für den fatalen Effekt, dass die große Mehrheit der Bürger zwar rechts der Mitte wählt – aber weiterhin links der Mitte regiert wird. Doch mit einer Truppe, die von millionenfacher Remigration spricht, in der Parolen der Nazi-Zeit wieder ausgegraben werden und die von einem Rentenniveau von 70 Prozent fantasiert, ist keine Zusammenarbeit und erst recht kein Staat zu machen.

Wenn Alice Weidel mit der Union ins Gespräch kommen will, dann muss sie zuerst in ihrem Laden aufräumen und die Radikalinskis herausdrängen, anstatt sie zu umarmen. In dieser Woche ist die AfD eher einem Verbotsverfahren nähergekommen als einer Regierungsbeteiligung.

Related Articles

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Back to top button